Von 16. bis 17. Mai 2024 nimmt sich der Logistik Dialog dieser Thematiken an. Pack & Log sprach mit Wolfgang Kubesch, Geschäftsführer der BVL Bundesvereinigung Logistik Österreich
Das Interview führte Mag. Gernot Rath,
Chefredakteur Pack & Log
 
Herr Kubesch, die Welt ist im Wandel. Unter dem Generalmotto „[Re]Design Today“ richtet der 39. BVL Österreich Logistik Dialog 2024 den Fokus auf diverse Problemzonen. Was darf man sich darunter vorstellen?
Wir müssen in vielen Bereichen – Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Logistik, Supply Chain Management, Ressourcen etc. – neu denken und neu gestalten. Kurz gesagt: ein Re-Design durchführen. Und das jetzt und nicht irgendwann, sonst ist es zu spät! Denn wir brauchen wieder ein vernünftiges Maß an Stabilität gegen die zunehmende Volatilität. Weiters brauchen wir eine vernünftige Zukunftsperspektive. Um diese zu bekommen, benötigen wir nachhaltige Entscheidungen, welche die Dinge wirklich gesamthaft tragen. An dem führt kein Weg vorbei. Das sind die Grundgedanken, die hinter dem heurigen Motto dieses BVL Leitkongresses stehen: Europa muss sowohl umdenken als auch umgestalten und – ich wiederhole mich leider – das jetzt. Damit Europa – salopp gesagt – halbwegs so bleiben kann, wie wir es kennen.

Was sind denn die großen Herausforderungen der Gegenwart?
Im Wesentlichen geht es um Rohstoffe und Ressourcen umfassend verstanden – wobei Ressourcen den „Longseller“ Personal beinhaltet. Bei diesen Themenfeldern stehen Verfügbarkeit und „Enabling“ im Mittelpunkt.„Enabling“ im Sinne der Umsetzung, denn man muss die Dinge letztlich ja realisieren. Wenn es um Rohstoffe geht, liegt der Fokus derzeit auf dem Energiesektor. Hier stellt sich die zentrale Frage: Wie können wir uns in diesem Segment autark aufstellen? Wobei sich autark auf die europäische Ebene bezieht.
D.h. grundsätzlich muss Europa wieder weitestgehend auf eigenen Beinen stehen. Das fängt bei den definitiv großen Brocken wie Energie und Sicherheit an, zieht sich aber in vielen unterschiedlichen Bereiche durch. Besonders ausgeprägt war bzw. ist die europäische Abhängigkeit von Russland und den USA. In dem einen Fall haben wir unsere Energieversorgung ziemlich outgesourct und im anderen unsere Sicherheit. Und es bleibt eine einfache Rechnung: Wenn ich auf jemanden angewiesen bin, dann hat das früher oder später seinen Preis. Diese speziell sicherheitstechnisch Trittbrettfahrer-Mentalität fällt uns derzeit massiv auf den Kopf.

Wo sehen Sie denn das grundlegende Problem für diese Abhängigkeiten?
Es gibt ein Sprichwort, das besagt: „America innovates, China duplicates, Europe regulates.“ Es ist dieses ständige Regulieren, das ein extremer Hemmschuh für Europa ist. Wir sind schlichtweg überreguliert und das ist für das Erreichen der großen Ziele – Klimawandel, Unabhängigkeit und Sicherheit – nicht wirklich hilfreich. D.h. wir benötigen in Europa eine Deregulierung und mehr Verantwortung – vor allem jedes einzelnen, anstatt immer sofort nach dem Staat zu rufen, als ob dieser sämtliches lösen könnte.
Ein Beispiel zur Illustration: Amerika ist sehr innovationsfreudig, China ist sehr versiert Innovationen wohl öfters zu kopieren, aber durchaus auch etwas Eigenes daraus zu entwickeln und bloß in Europa kaufen wir – überspitzt ausgedrückt – mit Begeisterung alle diese hier nicht Wertschöpfung generierenden Produkte primär in Onlineshops. Und diese Onlineshops, sei es nun Amazon, Alibaba oder Temu, sind amerikanisch bzw. chinesisch. In Europa haben wir nichts vergleichbares. Warum?
Weil die Überregulierung in Europa dem unternehmerischen Wettbewerb sowie der daraus üblicherweise begünstigt resultierenden Innovationskraft keinen passenden Raum zur möglichst freien Entfaltung lässt.
 
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner wird aus erster Hand über die „Mission Vorwärts“ berichten und dabei den Bogen zur Logistik spannen
Wie geht der BVL Österreich Logistik Kongress auf diese Thematiken ein?
Primär in Form unserer zahlreichen Keynote-speaker, wobei wir unseren berühmten Blick über den Tellerrand dieses Mal ganz bewusst deutlich ausweiten. So freuen wir uns sehr, dass Monika Rosen, Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und anerkannte Börsenexpertin – sie war gut ein Vierteljahrhundert die Chefanalystin der UniCredit Bank Austria – uns über die Finanzwelt und die Zusammenhänge bzw. Unterschiede zwischen USA, Asien und Europa spannend berichten wird.
Wir werden mit Robert Holnsteiner aus dem Finanzministerium den Experten für Rohstoff- und Mineralpolitik zu Gast haben. Dieses Thema betrifft nicht nur Österreich, sondern muss europäisch bzw. international gesehen werden. Stichwort: Abhängigkeiten bei Elektromobilität in Form von seltenen Erden etc.
Mit Heinz Wegerer vom Hilfswerk International haben wir heuer einen „Extremlogistiker“ dabei. Da er weltweit für die Katastrophenhilfe unterwegs ist, muss er sich zwangsläufig einem ständigen Re-Design unterziehen, um sich auf das Unvorbereitbare vorzubereiten.
Auch erstmals am Sprecherpodium ist Cornelia Daniel, die Gründerin der Firma Dachgold. Ein mittlerweile reifes Start-up, das es sich zum Ziel gesetzt hat auf jedes Unternehmensdach eine Photovoltaikanlage zu setzen. Weiters Stephan Sharma, der CEO der Burgenland Energie sowie Erich Schatz von cargo-partner. Er ist der globale Direktor für Seefracht, ein höchst aktueller Aspekt. Dann der Europa-Logistikchef von KONE Alexis Keller. Ebenfalls dabei Oskar Zettl, Geschäftsführer von Toyota Material Handling Austria sowie der Geschäftsführer des Hafen Wien Friedrich Lehr.
Als besonderen Gast freuen wir uns sehr auf die Verteidigungsministerin Klaudia Tanner. Derzeit läuft für das Bundesheer und damit für Österreich die „Mission Vorwärts“. Davon wird uns die Ministerin aus erster Hand erzählen und sie wird den Bogen zur Logistik spannen, im Sinne: Was kann die Logistik zum Gelingen der Mission Vorwärts beitragen bzw. welche Rolle spielt diese dabei.

Als diesjähriges Partnerland konnte die Schweiz gewonnen werden. Wie bringen sich unsere Nachbarn ein?
Die Schweiz zeigt uns, wie etwas Neues tatsächlich entstehen kann! So hat es in der Schweiz bereits vor längerer Zeit den Volksentscheid gegeben, den LKW von der Straße vermehrt auf die Schiene zu bringen. Und das obwohl es die Infrastruktur zu dem Zeitpunkt der Abstimmung ja noch gar nicht gab und die Errichtung mit erheblichen Kosten verbunden war. Einige Jahre später war alles fertig!
Es gibt in der Schweiz auch bereits das Konzept eines unterirdischen digitalen Gesamtlogistiksystems: cargo sous terrain (CST). Es verbindet ab 2031 die großen Zentren der Schweiz. CST entlastet Schienen und Straßen, reduziert die Umweltbelastung und sorgt für die pünktliche Lieferung von Waren für alle. Man kann sich das wie ein großes Rohrpostsystem vorstellen. Genaueres wird uns der CEO Peter Sutterlüti am BVL Logistik Kongress vorstellen. Ebenso eine Lösung, die komplett neu gedacht wurde.
Die Schweiz ist mit zahlreichen Akteuren repräsentiert. So wird der CEO von Hupac Intermodal vortragen. Daniel Balmer von Migros sowie Urs Sulser, Verteidigungsattaché der Schweiz in Österreich, werden das Programm definitiv bereichern.
Was erwartet uns im Rahmen der Fachausstellung „Alles Logistik“?
Wir freuen uns sehr, dass das Österreichische Bundesheer erneut präsent sein wird – inkl. Feldküche und Gulaschkanone samt Einsatzfahrzeugen. Gerne ist Rheinmetall-MAN wieder an Bord. Im Mittelpunkt des Auftritts von LKW Walter wird der 100ste Geburtstag stehen. Darüber hinaus wird das Drohnentaxi der Firma FACC zu bestaunen sein. Insgesamt wird es viele spannende´Insights der teilnehmenden Partner zu sehen geben. Selbstverständlich wird genauso Kühne+Nagel seine Lösungen anschaulich darstellen. Siemens wird ebenso entsprechend vertreten sein wie Siba und Knapp. In diesem Sinne findet die Fachausstellung ihre bewährte Fortsetzung plus eine Fülle an Novitäten.

Ein echtes Highlight ist immer die Networknight – Kontaktpflege in ungezwungener Atmosphäre. Auch heuer?
Selbstverständlich (lacht)! Ganz klassisch Open-end, keine Sperrstunde. Für die musikalische Unterhaltung wird das Venus Sündikat sorgen. Einem unterhaltsamen und positiven Networken steht folglich nichts mehr im Weg. Last but not least kommt mit „Logistics“ Spirit ein Geist aus den Flaschen des exzellent prämierten Padre Azul!

Vielen Dank für das Gespräch.
 
 
 
39. BVL Österreich Logistik Dialog
  • Termin: 16. - 17. Mai 2024
  • Ort: Vienna International Airport City Space
  • Veranstalter: BVL Bundesvereinigung Logistik Österreich
  • Ticket: BVL Mitglieder 770 Euro, REGULÄR Tarif 1.280 Euro, je netto pro Person
  • Anmeldung: bvl@bvl.at, +43 664 88 10 51 52, www.bvl.at

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